Bloomberg New Energy Finance interessiert sich für sein Geschwätz von gestern – jedes Jahr!

Der Dezember ist die Zeit der Rückblicke und Ausblicke: Energieexperten oder Menschen, die sich dafür halten, ziehen Bilanz oder sagen voraus, was das Energiejahr 2017 bringen wird. Der Think Tank Bloomberg New Energy Finance (BNEF) geht einen anderen Weg und fragt sich: Stimmt eigentlich, was wir letztes Jahr (2015) für das zu Ende gehende Jahr 2016 vorhergesagt haben?

Jahresprognosen sind dankbar: Liegt man richtig, kann man sagen: Ich hab’s gewusst. Liegt man daneben, war es eben ein Fehler, wenn es überhaupt auffällt. In der Regel wird es vergessen. Insofern muss man Michael Liebreich (Gründer und Chairman des Advisory Boards) von Bloomberg New Energy Finance Respekt zollen: Bereits seit mehreren Jahren veröffentlicht er umfangreiche Prognosen zum Energiemarkt, die er nach Ablauf des Jahres erneut unter die Lupe nimmt. Und zwar ohne dabei an Selbstkritik zu sparen.

So stellt er sich in seiner aktuellen Selbstüberprüfung ein mittelmäßiges Zeugnis aus: Gerade einmal 63 Prozent seiner Vorhersagen für 2016 haben sich demzufolge bewahrheitet. Das ist deutlich schlechter als 2015, als er sich noch eine Trefferquote von 77 Prozent attestiert hatte.

Insbesondere bei den Investitionen in sauberere Energien sowie den Preisen für Gas und im Emissionshandel lagen die Prognosen teilweise weit von den tatsächlichen Entwicklungen entfernt; die Zunahme von Grid Storage sowie die Preisentwicklung bei den fossilen Brennstoffen wurden hingegen relativ präzise vorhergesagt.

Die Punkte im Einzelnen:

  • Die weltweiten Investitionen in saubere Energien haben entgegen der Voraussagen 2016 keinen neuen Höchststand erreicht. Im Gegenteil: Die Zahlen werden voraussichtlich um 15-20 Prozent niedriger liegen als noch 2015. Vor allem die Entwicklung in China wurde überschätzt.
  • Richtig lag Bloomberg New Energy Finance hingegen, was die Preise für fossile Brennstoffe angeht; diese lagen zu Beginn des Jahres am Boden, haben sich zum Jahresende jedoch wieder erholt.
  • Im Wesentlichen als zutreffend haben sich die Einschätzungen zur Entwicklung der Photovoltaik erwiesen. Die installierte Leistung ist im Jahr 2016 weltweit um 70 Gigawatt angestiegen und hat damit wie erwartet die Windenergieanlagen überflügelt. Dort lag der Zuwachs lediglich bei 59 Gigawatt. Der Rückgang auf dem chinesischen Markt wurde allerdings nicht vorhergesehen.
  • Überschätzt hat das Institut die steigende Bedeutung der Windkraft; dies gilt insbesondere für die USA, in denen wahrscheinlich nicht mehr neue Anlagen gebaut werden als 2015. In der Branche hat durch mehrere Übernahmen eine Konsolidierung stattgefunden. Für die Jahre 2017-2019 rechnet Bloomberg weiter mit einer schwachen Entwicklung.
  • Positiver als erwartet hat sich der Absatz von Elektroautos entwickelt: Bloomberg New Energy Finance hatte nur einen relativ moderaten Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr prognostiziert. Tatsächlich lag der Zuwachs jedoch bei 56 Prozent, und zwar trotz des anhaltend niedrigen Ölpreises. Die Batteriepreise sind dabei um 22 Prozent zurückgegangen.
  • Die von Bloomberg in Aussicht gestellte Verdopplung beim Zuwachs der Grid-Speicher-Architektur hat sich mit voraussichtlich 780 zusätzlichen Megawatt nahezu erfüllt.
  • Der Verlauf der Gaspreise hat sich anders entwickelt als erwartet. Auch sinkende Grenzkosten und neue Exportanlagen für Flüssigerdgas in Ländern wie Australien haben hier nicht zu sinkenden Preisen geführt; stattdessen ist der Gaspreis auf den wichtigsten Märten bestenfalls stagniert (Japan) oder sogar angestiegen (Großbritannien).
  • Völlig daneben lag Blomberg New Energy Finance in Bezug auf die Preise im Emissionshandel. Anders als erwartet haben sich diese nicht stabilisiert, sondern sind stark gefallen – von 6,76 Euro zu Beginn des Jahres auf lediglich 4,14 Euro zum Jahresende. Umstrittene Reformen beim EU-Emissionshandel haben zudem zu einer generellen Ermüdung des Marktes geführt.
  • Die wohl sicherste Prognose hat sich erwartungsgemäß bewahrheitet: Weltweit investieren immer mehr Firmen und Städte in saubere Energien. 2016 wurden in Europa PPAs (Corporate power purchasing agreements) in der Höhe von einem Gigawatt abgeschlossen – im Vergleich zu lediglich 400 Megawatt im Jahr 2015. Auf dem amerikanischen Kontinent betrug das Volumen sogar 2 Gigawatt.

Wenn der Rückblick auf den Ausblick eines zeigt, dann die Dynamik des Wandels, in der sich der Markt für erneuerbare Energien befindet. Dass Vorhersagen nicht einfach sind, liegt auf der Hand. Die Vorhersagen immer wieder zu überprüfen ist deshalb nicht nur seriös, sondern auch ein gutes Mittel, den Wandel besser zu verstehen.

Neues Kraftwerk produziert noch nicht

Quelle: ksta.de Das neue 430 MW Kraftwerk von Statkraft in der Nähe von Köln ("Knapsack II" steht und wurde in Betrieb genommen - allerdings nur wenige Stunden, um dann wieder abgeschaltet zu werden. Ein Dauerbetrieb des Kraftwerks lohne sich aufgrund der zurzeit günstigen Börsenstrompreise und der relativ hohen Gaspreise gar nicht, so Statkraft

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