„Unburnable Fuel“: Die Wette auf das Scheitern der Klimapolitik

Internationale Klimapolitik aus bilanzieller Sicht: Die großen Öl-, Gas- und Kohlekonzerne befinden sich möglicherweise in einem Dilemma: Auf der Aktivseite stehen dort enorme Vorkommen fossiler Brennstoffe. Laut einer aktuellen Studie darf davon aber nur ein Bruchteil verwertet werden. Sonst droht eine Verletzung der auf der UN-Klimakonferenz in Cancún vereinbarten Klimaschutzziele. Die Unternehmen und deren Aktionäre juckt das wenig.

Die Studie der Non-Profit-Organisation Carbon Tracker gemeinsam mit dem Grantham Research Institute an der London School of Economics hat errechnet, dass bis 2050 weltweit maximal 1.000 Gigatonnen CO2 emittiert werden dürfen. Nur so lassen sich die auf der UN-Klimakonferenz in Cancún vereinbarten Klimaschutzziele einhalten. Dort war vereinbart worden, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen. Die Vorkommen fossiler Brennstoffe, die derzeit im Besitz von Rohstoffunternehmen sind, enthalten aber fast dreimal so viel CO2, rund 2.860 Gigatonnen, also ca. dreimal so viel wie erlaubt. Das heißt: Knapp zwei Drittel der weltweiten Reserven fossiler Brennstoffe dürfen strenggenommen gar nicht verwertet werden. Die Studie nennt diese Vorkommen “unburnable fuel” oder „stranded assets“:

“The analysis shows that between 60-80% of coal, oil and gas reserves of publicly listed companies could be classified ‘unburnable’ if the world is to achieve emissions reductions that mean an 80% probability of not exceeding global warming of 2°C.”

Legt man die Ergebnisse der Studie zugrunde, schlummert zumindest in den Bilanzen der durch private Investoren gehaltenen Öl-, Gas- und Kohlekonzerne ein großes Risiko: Derzeit stehen diese Vorkommen auf der Haben-Seite. Auch der Börsenwert der Unternehmen bemisst sich an der Erwartung, dass alle diese Vorkommen erschlossen und verkauft , also zu Geld gemacht werden können.

Nicht nur für die Unternehmen und Aktionäre selbst sondern für die Volkswirtschaften weltweit hätte dies gravierende Folgen. Rohstoffunternehmen- und Investoren haben in den letzten Jahren kräftig in die Erschließung neuer Vorkommen investiert – alleine 2012, so die Studie, gaben die 200 größten börsennotierten Öl-, Gas- und Kohle-Unternehmen 674 Milliarden US-Dollar für die Erschließung neuer Vorkommen aus. zumindest gemessen an den vereinbarten Grenzwerten für den Ausstoß von CO2 ist die Unternehme eine Blase (“carbon bubble”) geschaffen, deren Implosion eine massive und weltweite Wirtschaftskrise auslösen würde. Nach der Subprime-Krise also die Rohstoffkrise?

Nimmt man die Klimaschutzziele des Cancún-Vertrags ernst, müssten die Konzerne einen Großteil ihrer fossilen Brennstoffreserven sofort abschreiben, verbunden mit erheblichen Verlusten in der Bilanz und im Börsenwert. Das geschieht nicht. Wie ist das Verhalten der Unternehmen zu interpretieren? Offensichtlich gehen Shell, Exxon, BP und Co. davon aus, dass die politisch vereinbarten Klimaschutzziele gar nicht verbindlich umgesetzt werden und daher auch kein Abschreibungsbedarf entsteht.

“Wir leben unter dem Diktat der Kurzfristigkeit”

Quelle: Deutschlandfunk  Allzu optimistisch ist der Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam, Klaus Töpfer, nicht, was die Ergebnisse des Klimagipfels in Durban angeht. Aufgrund der Atomwende gehöre Deutschland dort aber zu den treibenden Kräften. Dennoch dürfe man sich nicht zurücklehnen - gerade im Hinblick auf die CO2-Emission.

Weiter