Energiekonzerne: Eine vom Aussterben bedrohte Gattung? oder: small is beautiful (and profitable)

Dinosaurierdämmerung beim Energiekonzern RWE: Auf der jüngsten Bilanzpressekonferenz verkündete der Vorstandsvorsitzende Peter Terium: „Unser traditionelles Geschäftsmodell erodiert.“ Verbreitet wurde die Nachricht per Twitter:

Dieser knappe Tweet aus 63 Zeichen birgt Sprengkraft. Denn RWE ist nicht irgendein Energieunternehmen, sondern einer der größten Energieversorger Europas. Und dessen Vorstand hat soeben eingestanden, dass das derzeitige RWE-Geschäftsmodell ein Auslaufmodell ist. Als Ursache nennt Terium den Einfluss der erneuerbaren Energien auf den Erzeugungsmix in Deutschland. Diese würden die klassischen Großkraftwerke zunehmend verdrängen und  Preisspitzen im Großhandel glätten. Darunter leide die Wirtschaftlichkeit der RWE-Kraftwerkparks.

Der dämpfende Effekt der erneuerbaren Energien auf den Börsenstrompreis hat sich gerade wieder einmal am letzten Sonntag gezeigt: Strom aus Wind und Sonne trugen mehr als 50% der benötigten Leistung bei und ließen so die Strompreise an der EEX purzeln.

Aber nicht nur RWE hat offensichtlich Probleme mit der Wirtschaftlichkeit ihrer zentralen Großkraftwerke. Der norwegische Energieversorger Statkraft hat jüngst sein Gaskraftwerk in Landesbergen mit 510 MW „in Kaltreserve gestellt“, also abgeschaltet („… erlaubt es die aktuelle Marktsituation nicht, ältere Gaskraftwerke wirtschaftlich zu betreiben …“). Und auch Eon kündigt an, sein gerade erst in 2010 in Betrieb genommenes Gaskraftwerk „Irsching 5“ vom Netz zu nehmen. Bei seiner Inbetriebnahme galt das Kraftwerk als das modernste seiner Art weltweit. Gerade mal 1600 Stunden – statt wie geplant 5000 Stunden – sei das Kraftwerk im Jahr 2012 gelaufen.

Die Parallele zum Aussterben der Dinosaurier vor ca. 65 Mio. Jahren drängt sich geradezu auf. Nicht nur, weil auch dafür von Wissenschaftlern (überwiegend) eine Klimaveränderung verantwortlich gemacht wird. Sondern vor allem, weil sich auch damals die Lebensbedingungen für die großen, trägen Dinosaurier verschlechterten, und kleinere, flexiblere und intelligentere Gattungen überlebten.

Nichts anderes passiert gerade im Energiesektor. Die Energie- und Stromerzeugung wird nicht nur mehr und mehr „erneuerbar“, sondern vor allem auch mehr und mehr „dezentral“. Das bedeutet, statt einem Oligopol weniger großer Stromerzeuger, speist nun ein immer größer werdendes Netzwerk aus kleinen, dezentralen Einheiten Strom ins Netz. Diese Entwicklung hat „systemische Auswirkungen auf die Energiewirtschaft“, wie es eine kürzlich veröffentlichte Studie der Boston Consulting Group beschreibt. Die Berater sehen durch die Dezentralisierung das bisherige Geschäftsmodell der großen Versorger gefährdet und erwarten nichts weniger als eine Fragmentierung und Neugestaltung der Industriestruktur mit neuen dezentralen Akteuren und Geschäftsmodellen auf Kosten der großen zentral orientierten Oligopole.

Es liegt nahe, hier eine Parallele zur Entwicklung des Internet zu ziehen, wie es eine Studie über die „Metatrends“ in der Energiewirtschaft von Pike Research tut: Zunächst als Hilfsmittel zum Konsum von zentral gespeicherten Informationen gedacht, hat sich daraus ein weltumspannender Informations-Hub entwickelt, was vor allem auch die dezentrale Bereitstellung von Informationen enorm erleichtert hat.

Für die Energiebranche bedeutet das: Blockheizkraftwerke im Keller und Photovoltaikanlagen auf dem Dach können heute praktisch aus jedem Gebäude ein effizientes Kleinkraftwerk machen. Das ist letztlich genau das, was EGC – flankiert durch Dienstleistungen zur energetischen Optimierung – seinen Kunden bereits seit vielen Jahren anbietet.

Wir wollen ja nicht behaupten, wir hätten’s schon immer gewusst. Ein bisschen freut es uns aber schon, dass RWE jetzt diesem Beispiel folgt: Neben einem drastischen Sparprogramm will das Unternehmen sich zunehmend auf dezentrale Energieerzeugung und Energiedienstleistungen konzentrieren.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.