Bürger(kosten)beteilgung beim Netzausbau

Bei Botschaften von Politikern lohnt es sich, genau hinzuhören. So hat
Bundeskanzlerin Angela Merkel z.B. in ihrer Videobotschaft zum Thema Netzausbau einen Satz gesagt, den wohl die meisten gefährlich unterschätzt haben: Sie kündigte an, die Bürger am Netzausbau stärker beteiligen zu wollen. Wörtlich sagte sie, man wolle „neue Formen der Bürgerbeteiligung“ erproben. „Neue Formen der Bürgerbeteiligung“? Was so harmlos nach Diskurs und demokratischem Prozess klingt, haben wir natürlich sofort durchschaut: Hinter dieser wohlklingenden Formulierung verbirgt sich nichts anderes als – genau: eine neue Umlage.

Beteiligung, soviel ist klar, meint hier Kostenbeteiligung. Und tatsächlich berichtet die FAZ von entsprechenden Plänen des Wirtschaftsministeriums. Nach einem der Zeitung vorliegenden Verordnungsentwurf sollen Windkraftanlagen-Betreiber an Nord- und Ostsee künftig ihren durch Leitungsschäden oder fehlende Netzanbindung entgangenen Gewinn auf die Verbraucher umlegen können. Eigentlich haftet dafür der Netzbetreiber. Da den Netzbetreibern für die Anbindung der Windparks offensichtlich die finanziellen Mittel fehlen, sollen die Kosten über eine weitere Umlage sozialisiert werden.

Haben wir es doch gewusst. Obwohl: Wenn wir noch einmal darüber nachdenken, kommen uns doch Zweifel, ob wir diese Aussage von Frau Merkel nicht vielleicht doch überinterpretiert haben. Denn in Wahrheit ist eine Umlage ja keineswegs eine “neue Form der Bürgerbeteiligung“, sondern eine Alte. Schließlich gibt es ja schon die EEG-Umlage und die „Kleinverbraucher-zahlen-Netzentgelte-für-Großverbraucher-Umlage“.

Wir müssen uns also korrigieren: So kann die Kanzlerin das doch nicht gemeint haben. Bleibt zu hoffen, dass das Wirtschaftsministerium bei der Idee zur neuen Umlage ebenfalls einem Missverständnis aufgesessen ist.

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