Alle reden vom Strom – wo bleibt die Wärme-Energiewende?

Die Diskussion um die Energiewende dreht sich derzeit im Wesentlichen um Windräder, Stromtrassen, Einspeisevergütung und EEG-Umlage – sprich: um Strom. Dabei ist Strom in der Gesamt-Energiebilanz der mit Abstand geringste Posten. Das weitaus überwiegend genutzte Energie in Privathaushalten, wie in der Industrie,ist Wärme.

Nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers durchgeführt wird, beträgt der Anteil von Wärme am Gesamtenergieverbrauch deutscher Haushalte 90 Prozent. Dabei werden rund zwei Drittel der benötigten Nutzwärme durch Verbrennung von Gas und Öl gedeckt. Strom spielt für die Wärmeerzeugung eine zu vernachlässigende Rolle.

Auch in der Industrie entfallen rund zwei Drittel des Energiebedarfs auf Prozesswärme für die Produktion. Als Energieträger werden vor allem Gas (47 Prozent) und Kohle genutzt (21 Prozent). Der Anteil erneuerbarer Energien steigt zwar, ist aber mit 4,7 Prozent immer noch sehr gering.

Diese Zahlen überraschen deshalb, weil in der aktuellen energiepolitischen Diskussion, das Thema Wärme kaum eine Rolle spielt. Nachdem die Initialzündung für die Energiewende in Deutschland der eilig beschlossene Atomausstieg war, werden die beiden Begriffe oft synonym verwendet. Energiewende ist jedoch deutlich mehr als nur Atomausstieg und die Versorgung mit grünem Strom. Tatsächlich geht es um die Verwirklichung einer nachhaltigen Energieversorgung auf allen Gebieten, d.h. Strom, Wärme und Mobilität.

Auch im Bewusstsein der Verbraucher wird der Anteil der Wärme am Gesamtenergiebedarf offensichtlich unterschätzt und nur verzerrt wahrgenommen: Laut einer aktuellen Befragung von infratest dimap im Auftrag des Bundesverband Solarwirtschaft e.V. erwartet nur jeder vierte Deutsche im Haushalt bei der Wärme die höchsten Einsparmöglichkeiten.

Das bedeutet: Hier gibt es noch viel Aufklärungs- und Aufholbedarf. Insofern wäre es gut, wenn sich der Fokus der Debatte wieder etwas weiten würde. Dann gerade beim Thema Wärme liegen noch enorme Einsparmöglichkeiten, sei es durch Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung oder durch alternative Technologien wie Wärmepumpen. Selbst der simple Austausch einer veralteten Heizungsanlage durch ein modernes Gerät – sozusagen “Repowering” im Keller bringt meist schon ein deutliches Plus an Energieeffizienz.

Immerhin gibt es für die Betreiber von ganz alten Heizkesseln ein Druckmittel: Ab dem 1. Januar 2015 gilt die neue Energieeinsparverordung (EnEV), die den Austausch von Heizkesseln vorschreibt, die vor 1985 eingebaut wurden. Das ist ein kleiner Schritt in Richtung mehr Energieeffizienz. Möglich ist aber viel, viel mehr.

An ihren Prognosen sollt ihr sie messen

Wie immer zum Jahresanfang mangelt es nicht an Prognosen, was das “Energiejahr 2014” wohl bringen wird. Dann geht das Jahr ins Land und niemand prüft nach, ob sie denn auch gestimmt haben. Wir schon: Heute stellen wir exemplarisch zwei interessante Prognosen vor, und in einem Jahr prüfen wir, ob sie eingetreten sind. Versprochen!

Der Energiejournalist Jakob Schland hat im Blog Phasenprüfer fünf Vorhersagen zur deutschen Energiepolitik 2014 veröffentlicht: 1. Sigmar Gabriel wird seine EEG-Reform weitgehend unverändert durchsetzen. 2. Europa zerstreitet sich heillos über den Klimaschutz. 3. Die Krise der Solarwirtschaft wird sich auf die gesamte Öko-Energiebranche ausweiten, also auch auf Windkraft, Biomasse, Forschung, die Beraterbranche etc. 4. Andere Zukunftsthemen wie etwa die Speichertechnologie oder Eigenstromerzeugung werden kaum vorankommen. Denn der Markt für Eigenstromerzeugung ist durch die EEG-Umlage praktisch tot. 

Als fünfte Vorhersage prohezeit Schland schließlich noch eine “große Unbekannte”. So wie es in den vergangenen Jahren regelmäßig eine Überraschung gegeben hat, die niemand auf dem Zettel hatte (der EEG-Schock, Fukushima, der Ausgang der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2012 etc.), wird es auch dieses Jahr wieder ein unvorhergesehenes Ereignis geben. Vielleicht ein Blackout oder – mit etwas Optimismus – vielleicht doch eine unerwartete Einigung der EU auf eine gemeinsame Energiepolitik?

Eine globale Perspektive nimmt Michael Liebreich, CEO von Bloomberg Energy Finance, ein. Er prophezeit für 2014 “a year of cracking ice”. Das Bild drückt aus, dass sich seiner Einschätzung nach über die letzten Jahre auf dem Energiesektor ein enormer Veränderungsdruck aufgebaut hat, der sich bald entladen wird. 2014 sieht er das Eis bersten.

Als Beispiele nennt er die Angleichung der Produktionskosten für Solar- und Windenergie an konventionell erzeugte Energie, die steigende Flexibilität der Stromnetze und den Einfluss der Erneuerbaren Energien auf den Strompreis. Auch die zunehmende Aufgeschlossenheit der Verbraucher gegenüber neuen Technologien wie Elektro-Autos oder etwa dem Nest Thermostat in den USA spielt eine Rolle. Gleichzeitig dämmere den Energieanbietern, dass diese Entwicklung ihr bisheriges Geschäftsmodell existenziell in Frage stellt. Und Investoren fingen an, sich Sorgen um Ihre Investments in fossile Brennstoffe zu machen, worüber wir auch in diesem Blog schon an anderer Stelle berichtet haben.  

Ob das stimmt? Die nächsten Monate werden es zeigen. Das Blogheizkraftwerk beobachtet weiter die Wirklichkeit und sagt ihnen im Dezember, ob das Eis tatsächlich geborsten ist und Gabriel sich durchgesetzt hat. Wir sind gespannt.

Energiewende: Gaskraftwerke werden zu Ladenhütern

Quelle: handelsblatt.com Aufgrund der gesunkenen Börsenstrompreise und dem zusätzlichen Strom aus erneuerbaren Energien lohnen sich große Gaskraftwerke nicht mehr - das Geschäft in Deutschland ist zum Erliegen gekommen; das Geschäft mit Gasturbinen macht Siemens zum Beispiel mittlerweile im Ausland. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit: kleine Gaskraftwerke (Mini-Blockheizkraftwerke) rechnen sich - das wissen wir aus eigener Erfahrung. Auch hier gilt: Small is profitable!

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